Zima - Ulan-Ude
Die letzte Nacht in der Transsib war entspannt. Gegen 6 Uhr verließ der letzte Mitreisende in Irkutsk das Abteil. Der erste Plan sah vor hier auch auszusteigen um den Baikalsee zu sehen. Während der Reise haben wir uns dann aber dazu entschlossen, dass 70km Busfahrt doch nicht nötig sind, um dann bei -10°C an einem zugefrorenen See zu stehen. Deswegen ging es für uns nun im komplett leeren Wagon weiter nach Ulan-Ude. Auch hier konnten wir über 200km den Baikalsee immer wieder sehen. Ich wurde pünktlich munter, als sich unser Zug aus den Bergen an das Ufer des Baikals herunterschraubte. Der Baikalsee ist über 600km lang, über 1600m tief und beherbergt damit 20% des Süßwasservorrates unseres Planeten. Auch vereist und zugeschneit macht er noch einen mächtigen Eindruck. Teilweise hat sich das Eis am Rande des Sees aufgestapelt und kleine Bäume sind mit einer dicken Eisschicht überzogen, die von der Gischt stammen muss, als der See noch nicht zugefroren war. Immer wieder sind auch Fuß- und Autospuren zu sehen, die irgendwo auf dem Eis verschwinden. Andere Spuren enden an kleinen Hütten auf dem See, die zum Eisfischen genutzt werden.
Es ist eine ruhige und beschauliche Fahrt, die wir bis Ulan-Ude zurücklegen. Der Zug tuckelt auch einfach nur ein wenig vor sich hin. Die Schaffnerin macht schon mal den Zug sauber, da ja eh niemand mehr da ist außer uns und dann schnappt sie sich sogar noch den Teppich in unserem Abteil. Die Schaffnerin und der Schaffner wechseln sich übrigens in ihren 12-Stundenschichten seit Moskau ab. Sie sind neben normalen Kundendiensten, die es auch in Deutschland gibt, dafür verantwortlich, dass bei längeren Halten das Fahrgestell enteist wird, dass der Samowar immer genug Wasser hat und das immer alles sauber ist. Dazu werden jeweils unterschiedliche Dienstbekleidungen angezogen. Das Klo wird stündlich geputzt und einmal am Tag die Abteile gesaugt. Dreckig sind eigentlich nur die Fenster, die aber ziemlich, so dass das Fotos machen schwer fällt, da immer wieder der Schmutz an den Scheiben fokussiert wird.
Einige empfehlen deshalb Putzzeug mitzunehmen, wie man da an die Fenster von außen rankommt, weiß ich aber auch nicht, vielleicht mit Teleskopstange oder Räuberleiter. Möglich ist auch sich in den saubereren Speisewagen zu setzen. Dieser hatte heute allerdings geschlossen. Die haben gestern schon Feierabend gemacht. Wir haben 16:17 Uhr Ortszeit auch Feierabend gemacht und sind mit 5 Stunden Zeitverschiebung zu Moskau, wo wir eingestiegen sind, aus dem Zug gepurzelt. Schon irre!
Was bleibt zur Transsib zu sagen mit der wir 5647km an 4 Tagen und mit 64 Haltestellen durch Russland gerollt sind? Die Kilometerangaben ab Moskau werden übrigens an fast allen Bahnhöfen angezeigt. Es ist schon ein echtes Erlebnis mal solange mit dem Zug unterwegs zu sein. Der Ruf der Transsibirischen Eisenbahn hat etwas Mystisches, wenn man dann mit ihr fährt, wirkt es aber doch relativ normal. Vielleicht auch deshalb, weil der Zug von ganz normalen Reisenden genutzt wird. Für mich war es nicht ersichtlich, dass außer uns noch weitere ausländische Touristen anwesend waren. Ich fand es gut, dass wir am Stück durchgefahren sind, das macht die Dimension der Strecke deutlich. Die Magistrale ist viel befahren und insbesondere ellenlange Güterzüge passieren einem am laufenden Band. Oft sind die Wagen auch am Bahnhof abgestellt, was leider des öfteren die Sicht auf Städte und Dörfer versperrt, durch die man rollt. Die Transsibirische Eisenbahnstrecke ist also eine Lebensader Russlands. Man kann in dem Zug herrlich entschleunigen, es kann einem aber auch die Langeweile packen und wer empfindlich auf Schnarcher reagiert, sollte vielleicht besser nach einem Zug Ausschau halten, der Zweierkabinen im Angebot hat, ein Viererabteil für sich allein buchen oder einfach tagsüber noch bisschen schlafen. Die Fahrt im Winter war schön und für uns alternativlos, da wir zum Frühlingsfest in China sein wollen. Bei freier Zeitwahl hätte ich aber doch eher in Richtung Sommer gebucht. Dann sind die Tage länger, man sieht mehr von Landschaften und Städten, Flüsse und Seen kommen unter dem Eis zum Vorschein und Wälder und Steppe geben mehr Farben preis. Anders als in anderen Berichten beschrieben, wurden wir nicht einmal zum Wodka trinken eingeladen, auch gut, aber unerwartet. Unerwartet war auch, dass im Zug niemand Englisch konnte.
Nun sind wir in Ulan-Ude im Park-Hotel für zusammen 28€ untergekommen. Wir sind an einem ungünstigen Tag erschienen, so dass es erst in 3 Tagen wieder einen Zug gibt. Wir haben uns deshalb entschieden morgen 7 Uhr mit dem Bus nach Ulan-Bator zu fahren. Die Beschaffung der Tickets haben wir gleich mit einer Stadtbesichtigung verbunden. In Ulan-Ude steht der größte Leninkopf der Welt.
Außerdem finden sich hier bereits buddhistische Einflüsse und in der Umgebung auch einige Klöster. In der Stadt gibt es zudem anlässlich des Frühlingsfestes einige Eisskulpturen und Rutschmöglichkeiten für Jung und Alt. Bei -20°C und Dunkelheit haben wir den Stadtspaziergang nicht ewig in die Länge gezogen und sind ins Hotel gegangen um nach 5 Tagen mal wieder zu Duschen und Haare zu waschen, das tat Not. Vielleicht haben wir auch deshalb in der Transsib nicht so viele Leute kennengelernt. :D