Peking

Vier Tage waren wir insgesamt in Peking, so lang wie in noch keiner anderen Stadt auf unserer Reise und doch hat man das Gefühl nicht viel von der Stadt gesehen zu haben. Kein Wunder, wenn man 2 Stunden bis zur nächsten Sehenswürdigkeit braucht. Man denkt halt, man ist ja in Peking, da kann man sich dies und jenes ja gleich mal angucken. Aber wo würde man Zuhause mal eben zwei Stunden hingurken, um sich etwas anzugucken?! Wo wäre man dann?! Von Freiberg aus mit dem Zug z.B. in Zgorzelec (Polen), Usti Nad Labem (Tschechien) oder Hof (Bayern). Wir haben natürlich versucht trotzdem ein bisschen was mitzunehmen.

Am ersten Tag waren wir gleich an der Großen Mauer mit Wei und seinem Sohn und zwar am bekanntesten Stück in Badaling. Dieses Stück kennen offensichtlich noch mehr Menschen und so haben wir nach zwei Stunden Autofahrt, 90min an der Seilbahn gewartet, um dann 2min bis zum Gipfel zu fahren. Mit etwas Frust im Bauch von der langen Wartezeit und auch Übermut haben Susann und ich gleich zu Beginn eine kleine Extraschleife angetreten und sind an den Massen die steilen Schrägen und sehr hohen Stufen vorbeigesaust. Wie übermütig das war, stellten wir 5min später fest, als wir bergab Krämpfe in den Oberschenkeln bekommen haben. Nach einer kleinen Pause ging es wieder, trotzdem verdient die Aktion keinen Beifall. Die Große Mauer ist in der Tat sehr imposant und mit der Zeit dünnen die Massen tatsächlich etwas aus und man kann sich ganz gut fortbewegen. Es ist schon imposant, wie sich die Mauer mit ihren Türmen über die Berge schlängelt und es ist auch wirklich recht anspruchsvoll zu laufen. Als wir unten angekommen sind, warteten Wei und sein Sohn schon auf uns und wir speisten noch in dem Lokal, dessen Parkplatz wir aus diesem Grund benutzen durften. Außerdem haben Susann und ich heute viele Fotowünsche erfüllt. Es gibt einige Menschen für die wir mit unserem europäischen Aussehen etwas außergewöhnliches sind. In geringerem Maße stellen wir das auch an den anderen Tagen fest. Solltet ihr mal zur großen Mauer gelangen, empfehlen wir den Aufstieg zu Fuß zu machen. Außerdem könnten andere Abschnitte der Mauer vielleicht auch reizvoll sein. Schon den Mauerlauf in die andere Richtung fortzusetzen bringt wesentlich mehr Einsamkeit. Wie dort die Aussicht ist, kann ich nicht beurteilen.

Auf der Mauer auf der Lauer
Wei und sein Sohn haben uns zur Mauer begleitet
Eine von vielen Fotoanfragen, die wir gerne erfüllen

Nachdem wir vom Ausflug zurück sind, unternehme ich noch einen kleinen Spaziergang durch die Gegend rund ums Hotel. Ich schaue mir die Wohnviertel an und auch die Geschäftsstraßen mit ihrem vielfältigen Angebot. Am Ende geht’s noch in den Park. Hier sind einige Leute hinter selbst mitgebrachten Musikboxen versammelt. Dazu wird dann Formationstanz gemacht. Außerdem gibt es elektrisches Spielzeug für die Kids und eine kleine Bibliothek. Vor dieser treffe ich eine sehr nette Familie. Der Vater stellt fest, dass Deutschland und China sehr gute Freunde sind. Er lobt vor allem die Autos. Und in der Tat kann man in Peking fast mehr deutsche Autos sehen als in Deutschland selbst. Hier wird anscheinend sehr viel Wert auf die Außendarstellung gelegt. Auch die Kosten für Wohnraum sind exorbitant. Dem gegenüber stehen Wohnviertel mit deutlich heruntergekommenen Häusern und Menschen die klapprige Fahrräder fortbewegen auf denen gesammelte recycelbare Abfälle sind. Das ist schon krass, wie die Schere hier auseinandergeht. Zum Abschluss des Tages mit dem Besuchs der Großen Mauer habe ich übrigens noch einen Rotwein der Marke „Große Mauer“ getrunken.

Arm und Reich so nah beieinander und doch soweit getrennt

Der Verbotenen Stadt wollten wir auch noch einen Besuch abstatten. Allerdings bleib es beim Versuch. Hier muss man vorher reservieren und es ist auch kaum ein Ticket zu bekommen. Vermutlich wegen dem Frühlingsfest. Dann müssen die halt ohne uns auskommen. Selber Schuld. Rund um die verbotene Stadt und den angrenzenden Platz des Himmlischen Friedens gibt es übrigens erstaunlich viele Polizeikontrollen, an denen man immer seinen Reisepass vorzeigen darf. Den sollte man in China besser immer bei sich tragen. Wir haben dann dem Jingshanpark und dem Bohaipark einen Besuch abgestattet. Beide wussten durch alte schöne Architektur und kunstvolle Verzierungen zu überzeugen und können weiterempfohlen werden. Ein besonderer Gaudi wurde dann im Bohaipark auf dem Eis gemacht. Dort ging es mit lustigen Gefährten über die Eisfläche. Auch Susann und ich ließen es uns nicht nehmen hier mal durchs Gewusel zu manövrieren.

Blick in die verbotene Stadt und den Smog
Gaudi im Bohaipark

Am letzten Tag haben wir uns aufgesplittet. Susann konnte noch ein paar Tourihighlights abgrasen. Eine uneingeschränkte Empfehlung bekommt der Lamatempel von Susann. Ich hab mich mal an den Rand von Peking aufgemacht, um ein bisschen weniger Menschen zu haben. Ohne Karte bin ich einfach mal drauflos gelaufen und hab geschaut, was da kommt. Am Anfang begegnete ich einem Gebiet, das als Abraumhalde fungierte und generell war ich heute zum Teil in parkähnlichen Gegenden unterwegs, die schon einmal bessere Zeiten gesehen haben. Aber auch das ist für mich reizvoll. Zudem gab es noch alte Granitsteinbrüche, die schon wieder mit Wasser vollgelaufen sind und sehr imposant wirken. An Schildern, die mitten in einem ärmlichen Dorf auf einen UNESCO-Geopark hinwiesen, kam ich auch vorbei. Aber der Geopark schien nicht wirklich zu existieren. Dann zeigte sich auf einmal ein kleiner Teil der viel größeren Ölraffinerie von Sinopec. Der staatliche Großkonzern hatte nebenan anscheinend auch die Hände über ein kleines Stück Naturidyll und so konnte ich an einigen Teichen den Holzsteg entlanglaufen und Graureiher, Silberreiher, schwarze Schwäne, Kormorane, Gänse, Blässrallen und verschiedene Enten beobachten. Dann führte mich meine Entdeckungstour noch durch einen Friedhof. Zuvor war ich den ganzen Tag schon immer wieder an Hügelgräbern vorbeigekommen. Vielmehr als ein Häufchen Erde mit einem daraufliegenden Stein gab es dort häufig nicht. Dann ging es über die Hügelkette zurück und die Welt der Hochhäuser hatte mich wieder.

Alter Granitsteinbruch
Wilde Schwäne
Hochhäuser sprießen wie Pilze aus dem Boden
Friedhof unter Kiefern

Abends sind wir übrigens immer mit meinem alten Mitbewohner Wei und seiner Familie essen gegangen. Es gab eine Vielfalt an vegetarischen Speisen, die wir unmöglich aufessen konnten. Am letzten Abend hat er uns noch in eine Etage eines Shoppingcenters mitgenommen, welche ausschließlich für Kinder da war. Hier konnte man gegen Geld wirklich jeglichen erdenklichen Kram machen, von Elektrospielgräten über Hasen streicheln und echte Fische aus Spaß keschern bis hin zu Rollschuh fahren. Lieben Dank Wei für die Gastfreundschaft. Es war schön dich wiederzusehen und deine Familie kennenzulernen.