Kunming
Die vorletzte Station meiner Reise sollte nun also anders als erwartet Kunming sein. Dort wurden ein paar Tage rangehängt um die Visumsverlängerung durchzubekommen. Mehr dazu könnt ihr in meinem letzten Beitrag lesen: https://freiberg-transsib-peking.de/visumverlangerung/
Die zusätzlichen Tage in Kunming waren nicht weiter dramatisch, da es den Zeitplan etwas entspannte, es ohnehin genügend in Kunming zu sehen gibt und hier auch einige Verwandte meiner Gastfamilie leben, die wir gleich noch besuchen konnten und die uns begleiteten.
Kunming selber ist mit 7 Millionen Menschen die mit Abstand größte Stadt in der Provinz Yunnan. Die Provinzhauptstadt liegt auf einer Höhe von 1800 Metern und das relativ weit im Süden. Das verschafft Kunming ein relativ gleichbleibendes Klima und den Beinamen „Stadt des ewigen Frühlings“. Dementsprechend tiger ich auch bei 20 Grad mit kurzer Hose draußen rum. Was man nicht alles mitnehmen muss auf so eine Reise. Wir hatten eine Temperaturspanne von 50°C, da es in Ulanbaator -30°C hatte.
Na dann steigen wir mal in die Highlights des Kunmingbesuchs ein. Am ersten Tag haben wir das Drachentor besucht. Dies ist ein schmaler in den fast senkrecht abfallenden Fels gezimmerter Weg mit jede Menge kleinen Tempeln, spannender Vegetation und einem sehr tollen Ausblick auf Kunming mit vorgelagertem Dian Chi-See. Da immer noch Frühlingsfestferien in China waren, gab es auch wieder Unmengen an Menschen und auf den steilen Stufen teils kein weiterkommen. Das Drachentor selbst haben wir deshalb nicht mehr besucht, ist aber auch nicht besser als das bisher gesehene. Der Rückweg wurde spektakulär mit einem Sessellift unternommen. Der tuckerte gemütlich vor sich hin und so konnten wir den Ausblick genießen. Eine zweite modernere Seilbahn brachte uns dann über Kletterfelsen schwebend (da kletterten tatsächlich gerade zahlreiche Menschen in der Steilwand) zum Ufer des Dian Chi-Sees und über diesen hinweg. Über einen See bin ich vorher auch noch nie geschwebt.
Unweit der Endstation haben wir den Minderheitenpark besucht. In Yunnan leben mit 26 Minderheiten die meisten in ganz China. Insgesamt sollen es wohl über 50 sein. In dem Park gab es für die Minderheiten kleine Dörfer, die deren Bauweise zeigte und Traditionen erklärte. Zudem gab es typisches Essen, welches von Personen in Minderheitenkleidung zubereitet wurde, dazu noch die obligatorischen Verkaufsstände und am Abend noch Shows in den Minderheitendörfern. Diese zeigten etwa Instrumente und Geschichten die für die einzelnen Minderheiten wichtig sind. Auch wenn die Anlage nicht mehr komplett in Betrieb ist, vermutlich fehlt das Publikum, lohnt sich ein Besuch, auch weil mal genug Platz zum treten ist. Neben größeren Minderheiten wie Yi, Bei, Hui und Tibeter werden auch solche mit nur wenigen 1000 Angehörigen repräsentiert.
In den nächsten Tagen haben wir dann verschiedene Parks besucht. Gemeinsam haben die Parks, dass es jede Menge Menschen und Möwen gibt. Beide Gruppen werden mit Essen versorgt, wobei es für die Menschen eine deutlich größeres Angebot gibt. Möwenfütterung ist jedenfalls ein großer Hit und im Green Lake Park gab es dazu noch ein paar Hörnchen, die wie bereits am Emei Shan, jede Futterspende gerne einheimsten. Tret- und Motorboote gehören bei den Seen im Park genauso dazu wie das reichhaltige Kinderangebot: Karussell, Ballonschießen, Wasserspielzeuge und Ringwerfen. Bei letzterem können Spielzeuge und Kuscheltiere abgeworfen und dann mitgenommen werden. Fische, Mäuse und Molche sind aber auch öfters dabei, was schon etwas gewöhnungsbedürftig ist. Neben tollen Blumen die in der Stadt des ewigen Frühlings schon allenortens blühen, gab es im Daguan Park noch eine Bootsrundfahrt im Angebot. Besonderes Highlight war hier die Möwenfütterung. Futter kann an Bord gekauft werden. Die Möwen kommen sehr nah ran und fressen zum Teil auch aus der Hand. Mit der Zeit sind die meisten satt und es werden weniger. Neben all dem dürfen auch Pavillons und Gebäude in traditionell chinesischer Bauweise nicht fehlen. Weniger waren diese großen Parks als Treffpunkte für die Generation 60+ geeignet. Diese treffen sich eher in kleinen Parks zum Kartenspiel, Singen oder allgemeinen Palaver. Eine Seniorenband mit dem Namen „Die Lokomotive“ haben wir dann aber doch noch gesehen. Die hatten auch ein paar Seniorinnen dabei die Leuchtelemente geschwungen haben.
Abends sind wir noch in ein sehr hübsches Restaurant gegangen. Wie hier öfters üblich gab es einen Bereich neben der Küche, wo die Produkte direkt gewählt werden konnten, mit denen dann gekocht wurde. Auch beim Kochen selbst konnte man hier sehr gut über die Schultern schauen. An der Front wird dabei besonders gern Ente zubereitet. Für uns gab es u.a. ein paar Pilzgerichte.
Danach sind wir schnell ins Nachbargebäude geeilt, um dort die Show „Dynamic Yunnan“ anzusehen. Diese äußerst beeindruckende Tanz- und Musikshow beschäftigt sich mit den Minderheiten Yunnans. Die Gründerin der Shows (Ms. Yang Liping ) hat schon viele Shows erstellt und will damit die kulturelle Vielfalt Yunnans einer breiten Öffentlichkeit näher bringen. Die Darstellerinnen und Darsteller sind dabei keine Profis sondern wurden von Liping persönlich in den Minderheitengemeinschaften gescoutet. Die Show wusste jedenfalls durch beeindruckende Gruppenchoreografien, allerhand Instrumenten, toller Bühnengestaltung und passender Bekleidung zu überzeugen. 90 Minuten lang wurde hier Vollgas geben. Fotos machen war nicht erlaubt, aber wer einmal in Kunming sein sollte, sollte sich die Show mit eigenen Augen ansehen. Allgemein wird wohl der Pfauentanz, der der Daiminderheit (heiliges Tier) zugeordnet wird, als Showhighlight gehandelt. Mir gefielen die großen Auftritte des etwa 40-Köpfigen Teams noch besser.
Am nächsten Tag besuchten wir erst den in die Jahre gekommen Innenstadtzoo Kunmings. Hier gab es alle möglichen Tiere. Die Haltungsbedingungen waren unter deutschen Gesichtspunkten allerdings nicht immer der Bringer. Dafür kam man so nah an die Tiere ran, wie sonst nirgends, auch Futter wurde verkauft und konnte direkt verfüttert werden. Ein Freizeitpark und jede Menge Essensstände waren ebenfalls in den Zoo integriert.
Neben dem Zoo gab es ein nettes Kloster. Wie in Tempeln und Klöstern oftmals üblich gibt es Wasserbecken in die Münzen geworfen werden können. Heute konnte ich beobachten das jemand Geld aus einem Wasserbecken schaufelte. Ein anderer begutachtete die Münzen und suchte besonders nach ausländischen Funden. Als wir das Kloster verließen, war das Haupttor schon geschlossen und wir entfleuchten über ein Seitentor.
Letztes Highlight des Tages sollte nun das German Beerhouse werden. Seit Riga vor einem Monat gab es hier das erste mal wieder Fassbier und dann gleich 8 verschiedene Sorten. Außerdem freute sich die chinesische Gastfamilie darüber mal typisch deutsches Essen wir Haxe, Gewürzgurke, Schnitzel, Brezel und Currywurst probieren zu können. Mit fast allen hatte ich ausgemacht, dass ich heute mal zur Abwechslung bezahlen dürfte, doch dann kam noch eine neue Verwandte um die Ecke, die noch nichts bezahlen durfte und die heimlich mit dem Handy schon die Rechnung beglich. Es ist aber auch wirklich fast unmöglich hier mal irgendein Geld auszugeben, außer man macht sich mal aus dem Staub. Die Yuan werden in meiner Geldbörse noch vergammeln.
Nach dem gestrigen Zoobesuch folgte nun ein Ausflug in den Safaripark, der deutlich empfehlenswerter ist. Die Haltungsbedingungen sahen ganz gut aus. Man hatte das Gefühl, dass wirklich alle bekannten Großtiere dieser Welt vertreten waren. Wenn ich recht drüber nachdenke fehlten eigentlich nur Blauwal, Nilpferd und Elch. Über doch etwas größere Strecken wurde in den vier Sektoren alles erlaufen, dabei musste man den Wegen folgend immer mal wieder durch einen Kuscheltierladen. Zwischen den vier Sektoren, die weit auseinander lagen, wurden wir in offenen Bussen durch die schöne hügelige Landschaft gefahren. Ein Highlight war die Fütterung der Giraffen. Hier konnte man Körbe mit Möhrenstreifen kaufen und diese direkt verfüttern. Hierzu stand ich und Andere auf einer Anhöhe, so waren wir auf Augenhöhe mit den riesigen Tieren. Es wurde von einer Pflegerin ordentlich notiert wer wie viel fraß und auch geschaut, dass die Kleineren etwas abbekamen. Später konnten auch noch Tigerbabys gefüttert werden und allgemein hatte der Safaripark eine Unmenge an Tiger (weit über 50 waren das sicher). Einige wurden gut gehalten, andere im engen Käfig. Wie das zusammenhing erschloss sich mir nicht. Unmengen gab es auch an Pfauen die in ganz Yunnan besonders beliebt sind, hier in verschiedenen Farben vorkamen und direkt neben einem herliefen.
Da Essen in China einen sehr großen Stellenwert genießt und wir eigentlich auch permanent und viel essen, ging es nun wieder ins Restaurant. Die verschiedenen Speisen, die immer auf dem Tisch für alle zur Verfügung stehen, bieten neben bereits bekanntem auch immer etwas Neues. Es bleibt spannend. Schon mehrmals habe ich übrigens im Restaurant beobachtet, dass nach Küchenschluss die Reste von den Mitarbeitenden gemeinsam verputzt werden, dazu gibt es dann noch nen dicken Berg mit Reis. Eine schöne Aktion wie ich finde. Einzig der Katzenroboter, der in diesem Lokal das Essen an den Tisch brachte, durfte nicht mitessen. Vielleicht gab es später noch ein Schlückchen Strom für ihn, aber da waren wir schon weg.
Am letzten Tag in Kunming ist nichts spektakuläres mehr passiert. Nachdem das verlängerte Visum abgeholt war, ging es noch in ein benachbartes daoistisches Kloster. Der Daoismus ist neben dem Buddhismus die Hauptglaubensrichtung der Menschen in der Gegend und vielleicht zählt auch noch der muslimische Glaube dazu. Hier kann ich die Anteile nicht richtig einschätzen, da mir auch unklar ist, wie viele Menschen überhaupt gläubig sind. Besonderheiten im Tempel waren eine sehr gute Teestube, die Lage inmitten von Hochhäusern (wie damals in Chongqing) und die Tafeln der kommunistischen Partei, die es hier neben der Nationalfahne in mehreren Klöstern gibt. Hier geht es vielleicht um das Verhältnis zwischen Religion und Staat, genau weiß ich das aber nicht.
Ein kleiner Stadtspaziergang führte uns noch durch lebendige Gasen mit kleinen Geschäften, viel Grün, Leben auf der Straße und in unmittelbarer Nähe dazu aber auch wieder Hochhäuser und Einkaufszentren. Eine klare Aufteilung in Viertel findet man in China nicht, was ich positiv finde. Highlights können eigentlich hinter jeder Kreuzung warten.
Am Abend sind wir dann noch in ein Restaurant gegangen, welches mehr wie eine Wohnküche wirkte. Der Besitzer machte auch erst einmal das Licht an und brachte dann immer mal was zu Essen. Da er aus Zhaotong war, gab es typische Zhaotonger Spieße, die mir allerdings viel zu scharf waren. Er setzte sich auch mit zu uns und quatschte als würde er mit dazugehören. Dann verabschiedete er sich und wir sollten später das Vorhängeschloss anbringen. Was wir auch beim Verlassen des Lokals taten.
Mit einer letzten Nacht im Sugar Appel Hotel endete unsere Zeit in Kunming. Das Hotel war ganz im Zhaotong-Stil gehalten und besonders die berühmten Äpfel wurden hervorgehoben. 12 Äpfel gab es hier in einer Box für 25 Euro, an sich aber auch jederzeit kostenlos an der Rezeption.