Frühlingsfest in Zhaotong

Rund ums Frühlingsfest dürfen wir in Zhaotong bei der Familie einer Freundin sein, die ich in Studienzeiten kennengelernt habe. Zhaotong ist mit 700.000 Menschen die drittgrößte Stadt der Provinz Yunnan. Yunnan ist wiederum in etwa so groß wie Deutschland und seine Bevölkerung ist halb so groß.

Von der Familie werden Susann und ich herzlich empfangen und gleich mit ins Restaurant eines Familienmitglieds genommen. Die Essensflut sollte den Takt für die nächsten Tage vorgeben. Verhungern werden wir in China definitiv nicht und es gibt auch immer wieder etwas interessantes für den Gaumen zu entdecken.

Willkommensessen im Familienrestaurant

Das Frühlingsfest findet nach dem Mondkalender jedes Jahr an einem anderen Tag statt. Dieses Jahr ging es am 9. Februar los und das ist dann auch gleich der wichtigste Tag der Feier, die sich noch mehr oder weniger lang hinzieht. So ganz klar ist mir das auch nicht. Bei unserer Gastfamilie wurden nach alter Tradition 18 Speisen vorbereitet. Für uns heute, wie auch in den nächsten Tagen, extra weniger scharf und mehr vegetarisch. Dabei zieht sich das Essen eigentlich über den ganzen Abend und man nimmt sicher immer mal wieder was. Die ganze Familie war da und es wurde fröhlich gefeiert.

18 Speisen wurden für den Abend vorbereitet
Kochen mit Wok

24 Uhr sind wir dann auf die Dachterrasse gegangen und haben ein unglaubliches Feuerwerk an Batterien um uns herum bestaunt. Hier wurden Dinger verschossen, die ich im Privatgebrauch vorher noch nie gesehen habe. Nach 15min hatten die meisten allerdings ihr Pulver verschossen und wir haben gezündelt. Ganz wichtig ist dabei eine lange Rolle mit Knallern, die ausgerollt und dann angezündet wird um die bösen Geister zu vertreiben. Auch in den nächsten Tagen wurde allen Ortens fleißig weiter Feuerwerk gezündet. Die Intensität nimmt ab, aber ein Ende ist noch nicht abzusehen, was mir als alten Pyromanen natürlich gefällt.

Knallerketten werden allerortens gezündet um böse Gesiter zu vertreiben

Am nächsten Tag sind wir der Tradition folgend noch zu anderen Verwandten gegangen. Gemeinsam haben wir eine 4km lange Runde um den beliebtesten See Zhaotongs gedreht. Dieser See ist lieblich von Hochhäusern umsäumt. Klingt erst mal brachial, aber wirkt dann doch recht imposant und ist mal was anderes. Es gab auch wieder viele Vögel wie Graureiher und Blässhühner. Obwohl offiziell verboten, wurde allerhand Kladderadatsch verkauft. Dieser richtete sich vornehmlich an Kinder und wird vermutlich nach einmaligem Gebrach nicht mehr verwendet. Generell sieht man in China Unmengen von Plastikverpackungen und Beuteln. Teile davon werden von ärmeren Bevölkerungsschichten aus dem Müll gefischt, die dann ein paar Yuan damit verdienen.

Eine Frau die vermutlich zur Yi-Minderheit gehört läuft ebenfalls um den See

Für uns ging es weiter zum Abendessen. Wie südlich des Jangtse-Flusses üblich gab es auch in dieser Wohnung keine Heizung. Ein Teil der Familie wärmte sich deshalb an glühender Holzkohle, die mitten im Zimmer stand. Zum Abendessen wurde dann guter Alkohol ausgeschenkt und wir wurden noch mit Tee beschenkt, da wir uns an der kunstvollen Art des Teeaufgusses erfreuten. Nach dem Essen wurde ein Taxi und ein Fahrer gerufen. Der Onkel, der sonst sein Auto fährt, hatte Alkohol getrunken, deswegen wurde der Fahrer für sein Auto organisiert. Dieser packte sein Fahrrad in den Kofferraum und dann ging es zurück. In Deutschland findet man vermutlich nicht viele Menschen, die ihr Auto einer wildfremden Person anvertrauen würden.

Holzkohlefeuer im Haus
Kunstvolle Zubereitung des Tees
Reistopf
"Die Reise nach Westen" ist einer der bekanntesten chinesischen Geschichten